Nici, 32, ist Streetworkerin. Sie sieht jeden Tag das, wovor viele andere die Augen verschließen. Stetig mit Schicksalen konfrontiert, muss sie sich in ihrem Job auf ihre Stärken verlassen können: Verständnis, Geduld, Toleranz und Durchsetzungsvermögen. Doch Nici hat auch eine andere Seite. Wenn sie um 17 Uhr ihren Job hinter sich lässt, dann begibt sie sich von der Straße in die Streams. Sie zockt leidenschaftlich auf Twitch. Abschalten, mit der Community interagieren, für den Moment Real Life gegen die virtuelle Realität tauschen.
Welche Herausforderungen muss man als Streetworkerin bewältigen? Welche Ventile kann man nutzen, um sein eigenes Wohlbefinden zu steigern? Und wie hilft Gaming dabei, mit dem Job umzugehen? Wir haben mit Nici gesprochen und sie hat uns Rede und Antwort gestanden.
Also das könnte ich ja nicht …
Wenn Nici neue Leute kennenlernt und ihnen erzählt, was sie beruflich macht, dann kommt häufig sowas wie: „Also das könnte ich ja nicht“. Sie findet das absurd, denn letztendlich besteht ihr Job einfach nur darin, Menschen zu helfen. „Viele haben
Vorurteile und sehen das Arbeitsumfeld als etwas ganz anderes, als es eigentlich ist.“ Natürlich fällt es nicht jedem leicht, sich Fremden zu nähern und eine Verbindung zu ihnen aufzubauen – das ist aber nur ein Aspekt ihrer Arbeit.
„Damals war ich noch sehr schüchtern und konnte nicht so leicht auf Menschen zugehen“, erinnert sie sich. Erst als sie ihre Ausbildung im Einzelhandel begann, wurde ihr bewusst, dass ihr der Kontakt mit Menschen Spaß macht. Also entschloss
sie sich nach ihrer Lehre dazu, Rehabilitationspädagogik zu studieren. Während ihres Studiums arbeitete sie in einer Notschlafstelle für obdachlose Kinder- und
Jugendliche. „Das war einer der coolsten Jobs, die ich gemacht habe. Und da wurde mir dann klar: Ich gehöre in den sozialen Bereich.“
Welche Qualifikationen und Skills wirklich wichtig sind, um in einem Beruf wie diesem arbeiten zu können, beantwortet sie schlicht mit: Authentizität. „In diesem Job ist es super wichtig, komplett authentisch zu sein. Gerade Kinder und Jugendliche, die sich in Notsituationen befinden und vielleicht sogar auf der Straße leben, durchschauen Menschen sehr schnell.“
Einen typischen Arbeitsalltag gibt es nicht
Ein Teil ihrer Arbeit besteht darin, Personen, die potenziell Hilfe benötigen, aufzusuchen und ihnen ihre Unterstützung anzubieten. Weil man nie weiß, wie Fremde auf Besuch reagieren, geschieht dies immer zu zweit. Eine weitere Herausforderung besteht darin, das Gegenüber erstmal davon zu überzeugen, dass man wirklich nur helfen will. Wie diese Hilfe aussieht, ist ganz unterschiedlich. Mal hilft Nici Betroffenen bei Mietangelegenheiten oder Suchtproblemen, mal geht sie mit ihnen zur Schuldnerberatung, begleitet sie zu Arztterminen oder einfach nur beim Einkaufen.
Betroffene gibt es viele, aber nicht alle können vom System aufgefangen werden. Sich beruflich um andere Menschen zu kümmern und ihnen zu helfen, ist eine nie endende Aufgabe. Ohne gesundes Nähe-Distanz-Verhältnis und regelmäßige Psychohygiene kann eine Arbeit im sozialen Bereich zu einer echten Belastung werden. Deswegen sind interne Fallbesprechungen und gegenseitiger Support im Team elementare Maßnahmen, um den beruflichen Alltag als Streetworkerin oder Streetworker, aber auch Schicksalsschläge auf- und verarbeiten zu können.
Straße ist Kopf- und Streams sind Knopfsache
Auch leidenschaftliche Hobbys können als Ventil dienen, um nach getaner Arbeit einmal so richtig abzuschalten und auf andere Gedanken zu kommen. Das kann alles Mögliche sein – bei Nici ist es vor allem das Gaming. Während andere sich zum Ausgleich am Boxsack auspowern, haut Nici lieber in die Tasten. Was mal vor längerer Zeit als Idee im Internet begonnen hat, wurde zu einer Anlaufstelle für begeisterte Follower auf Twitch, die gemeinsam mit Nici online etwas erleben.
Dabei geht es Nici nicht nur ums Gaming, sondern auch um die Connection und Interaktion mit ihrer Community. Ob im Real Life oder im Livestream, ob lockere oder ernste Themen: Nici bleibt immer sie selbst. Das bedeutet, dass sich ihr beruflicher Alltag auch auf ihren Social-Media-Kanälen widerspiegelt und andersherum. Manche Jugendliche, die sie als Streetworkerin schon kennengelernt und denen sie weitergeholfen hat, folgen ihr auch online. Sie sind immer herzlich eingeladen, mit Nici zu zocken und eine gute Zeit zu haben. Das schafft Nähe und Authentizität, wie sie sagt.
Dennoch zieht Nici die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit sehr selbstbewusst. Denn auf ihrem Kanal geht es um den Spaß und das Abschalten nach einem ereignisreichen Tag. Nici beschreibt ihre Follower vor allem als „einfühlsam, rücksichtsvoll und freundlich“. Kein Wunder: So ist die Community für Nici auch Unterstützung im Alltag, denn sie verschaffen der 32-Jährigen den Ausgleich, den sie braucht, um auch im Job voll und ganz für andere da sein zu können.
So fremd wie die virtuelle Welt oftmals scheint, so ähnlich ist sie unseren gewohnten Routinen. Die einen treffen sich zum Ausgleich mit Freunden im Café, die anderen machen Freundschaften im Internet. Ist doch total okay. PC an, Alltag aus.
In einer Welt, in der eine gute Verbindung online aus Mbits und offline aus Menschlichkeit besteht, zeigt uns Nici, dass es sich lohnt, unsere Passion zum Beruf zu machen und unser Hobby zur schönsten beruflichen Nebensache der Welt zu gestalten. Egal, ob unser Leben geradlinig oder unkonventionell verläuft – es gilt, das zu schützen, was uns am meisten am Herzen liegt. Wir bei CosmosDirekt unterstützen Dich dabei, Deine Träume und Leidenschaften zu bewahren und Deine individuelle Reise unbesorgt zu genießen. Lass Dich von Nici dazu inspirieren, wie auch Du Dein Leben nach Deinen Wünschen gestalten kannst.
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Seit 2019 als Marketing Managerin im Social Media-Team der CosmosDirekt, war zwei Jahre lang neben ihrem Master-Studium in Betriebswirtschaftslehre als Werkstudentin in der Marketing-Abteilung tätig.